Haushaltsrede des FDP Fraktionsvorsitzenden Alexander Zuchowski zur Verabschiedung des Haushalts 2021:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmalenbach, sehr geehrte Frau Kämmerin Plate Ernst, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, meine Kolleginnen und Kollegen des Rates, verehrte Zuhörerrinnen und Zuhörer,

seit dem zweiten Weltkrieg befinden wir uns in der Bundesrepublik Deutschland, in Europa und auf der ganzen Welt erstmals wieder gefangen von einem zentralen Thema, der Covid 19 Pandemie. Viele von uns allen als selbstverständlich empfundene alltägliche Gewohnheiten des täglichen Lebens sind bereits seit fast einem Jahr mehr oder weniger nicht mehr vorhanden oder eingeschränkt. Neben den Freiheiten des Einzelnen und den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, sind auch das staatliche Handeln und die Haushalte von Staaten, Ländern und Kommunen stark geprägt durch diese Pandemielage. Die Defizite im Bund, 86.6 Milliarden Euro und bei den Ländern, 18.0 Milliarden Euro, tragen gemessen am Bruttoinlandsprodukt erstmals seit 2011 zu einer Defizitquote von 4,2 Prozent bei. Bei den Kommunen verblieben weitere 1,3 Milliarden Euro.

„Staatsschulden sind wie ein Anker im Sturm; aber wenn der Anker zu schwer für das Schiff ist, wird es von eben dem Gewicht versenkt werden, das eigentlich für seinen Schutz gedacht war.“, so mahnte Charles Caleb Colton bereits im 18. Jahrhundert. Wir bekämpfen eine Krise mit Geld, welches wir aktuell nicht zu erwirtschaften wissen und legen die Last der Rückzahlung auf den Rücken zukünftiger Generationen. Davon sind wir auch hier in Herscheid betroffen.

So komme ich zum vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2021. Für die Erstellung des Haushalts und aller damit verbundenen Zusatzdokumente danke ich im Namen der gesamten FDP-Fraktion Bürgermeister Schmalenbach und Kämmererin Sabine Plate-Ernst stellvertretend für alle, die an diesem Zahlenwerk beteiligt gewesen sind und in Zukunft sein werden, ganz herzlich.

Bis zur Pandemie haben wir im Haushaltssicherungskonzept einen guten Fahrplan gehabt und waren zuversichtlich, positiver zu enden als angesetzt. Das Rekordergebnis aus laufender Verwaltungstätigkeit in Höhe von 1.2 Millionen Euro aus dem Jahr 2019 bestätigt dies. In 2020 sinkt dieses Ergebnis auf 183.000 Euro, wobei zu beachten ist, dass hier bereits 1.2 Millionen Euro Gewerbesteuerausgleichszahlungen vom Land mitberücksichtigt sind.

Betrachten wir den aktuellen Haushaltsplanentwurf, so erreichen wir den Ausgleich 2021 nur knapp und nur mit Sondermaßnahmen. Durch die zu erwartende reduzierte allgemeine Kreisumlage um 113.364 Euro und die Reduzierung der differenzierten Kreisumlage um 63.041 Euro, sowie einer Ausschüttung der Sparkasse in Höhe von 64.000 Euro schaffen wir den Ausgleich auf dem Papier, wenn wir zusätzlich die fehlenden 5.500 Euro in der Unterhaltung unserer Gebäude einsparen.

Auf unsere größten Ausgabeposten, die Kreisumlagen, gehe ich im Verlauf meiner Ausführungen noch ein.

Ein weiterer Posten ist die Bilanzierungshilfe, die wir mit 1.8 Millionen Euro erstmalig ansetzen, diese wird uns lange begleiten, da sie bis 2025 anwachsen wird und wir sie dann über voraussichtlich 50 Jahre abschreiben müssen – ein Danaergeschenk für uns nachfolgende Generationen, der Haushalt wirkt im Ergebnis gehaltvoller und besser als er in Wirklichkeit ist.

Unsere Ausgleichsrücklage ist bereits seit geraumer Zeit aufgebraucht, eine Erholug und ein eventuell möglicher erneuter Aufbau hätte nach 2022 ohne Covid 19 erfolgen können.

 

Bereits seit vielen Jahren beobachten wir den Anstieg der Kreisumlage kritisch. Zunächst ist es als positiv zu beurteilen, dass die Umlagen in diesem Jahr geringer ausfallen sollen als geplant. Der Kreis erreicht dies, indem er Mittel im Bereich der Kosten der Unterkunft (KdU), die er vom Bund erstattet bekommt, zum Teil an die Kommunen weitergibt. Teile der Umlage plant der Kreis aber zur Aufstockung seiner Ausgleichsrücklage, die bei vielen Mitgliedskommunen, wie auch bei uns in Herscheid, längst aufgebraucht ist. Wünschenswert ist hier die komplette Weitergabe der Mittel an die Mitgliedskommunen. Um hier entgegenzuwirken scheint eine Erhöhung der Steuern auf kommunaler Ebene als unumgänglich. Vor dem geschilderten Hintergrund ist das den Bürgern natürlich nicht zu vermitteln.

Auch im Landesvergleich der Kreisumlagen liegen wir hinter dem Ennepe-Ruhr-Kreis und Düren mit 40,76% auf Platz drei aller 31 Kreise in NRW. Borken liegt hier nur bei 25,7%, auch unser Nachbarkreis HSK liegt lediglich bei 34,42%, alle Zahlen sind bezogen auf die Basis 2020. Wie eingangs beschrieben kritisiert die FDP-Fraktion Herscheid bereits seit Jahren die Höhe der Umlagen, hier fordern wir gerade in diesen Zeiten eine erneute Prüfung und Reduzierung zur Absicherung der Kommunen.

Grundsätzlich stellt natürlich die Grundsteuer die am besten kalkulierbare Einnahme für die Kommune dar, diese ist jedoch in der aktuellen Fassung generell zu hinterfragen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Steuer nach der Reform 2025 darstellt. Die FDP-Fraktion baut hinsichtlich der Einnahmenverbesserung stark auf eine Erholung der Einkommen- und Gewerbesteuer. Wirtschaftliche Erholung ist gleichbedeutend mit Beschäftigung der Bürger. Wir werden alles dafür tun, Herscheid wirtschaftsfreundlich und attraktiv als Wohngemeinde zu erhalten.

Unser Dank gebührt insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bauhofs der Gemeinde. Wir beurteilen die geleisteten Arbeiten, ganzjährig und nicht nur im Winterdienst, als herausragend und den Einsatz als außergewöhnlich hoch.

Wir haben ein für unsere Verhältnisse sehr großes Straßennetz, welches unterhalten und gesichert werden muss. Auch wenn aus der Sache heraus im Winter nicht gleichzeitig an jeder Stelle geräumt werden kann, ist auch bei widrigen Umständen stets eine sichere Befahrung der Strecken möglich. Es ist folgerichtig hier auch im Haushalt Mittel für die rechtzeitige Ersatzinvestition der Arbeitsgeräte und Maschinen zur Verfügung zu stellen und alte Gerätschaften vor dem vermehrten Auftreten größerer Reparaturen rechtzeitig zu veräußern.

Aufgrund der positiven Entwicklung der vergangenen Jahre konnten wir mehr Mittel als gedacht in die Sanierung und Unterhaltung der Gemeindestraßen einbringen. Dennoch sind notwendige langfristige Sanierungen der Straßen, inklusive Unterbautausch und Neuaufbau nicht wirklich möglich gewesen. Fast in allen Fällen konnte nur ein neuer Belag auf den alten Belag aufgebracht werden und bestenfalls die Bankette neu befestigt werden. Langfristig sind diese Maßnahmen leider nicht. Die radikalen Fällungen und der Abtransport des Borkenkäferholzes leisten hierzu ihr Übriges. Der Haushalt 2021 zeigt uns im Budget unsere Grenzen wieder auf. Wir können hier aus Eigenmitteln nicht die erforderlichen Summen einstellen. Auch wenn die Straßen aktuell noch einen augenscheinlich guten Eindruck machen, sitzen wir hier auf einem Pulverfass, welches von Jahr zu Jahr explosiver wird. Hier muss es uns gemeinsam gelingen langfristige Sanierungen der wichtigsten Verbindungsstraßen zu erreichen.

Mit Abschluss der Arbeiten am Warmwasserfreibad werden wir unser Freizeitangebot entsprechend upgedatet haben. Nach dem Babybecken und dem Nichtschwimmerbecken laufen aktuell die Arbeiten am Schwimmerbecken und anderen Bereichen. Die entsprechende Förderung macht diese Maßnahme erst möglich. Es ist aber aktuell an der Zeit, das vorhandene Betriebsmodell zu überdenken und einen entsprechenden Betrieb langfristig sicherzustellen. Die Anwerbung von Fachpersonal gestaltet sich hier äußerst schwierig. Wir sind überzeugt, dass auch hier die richtigen Weichen gestellt werden können. Nicht nur vor dem Hintergrund von Covid 19 kann dies auch mit veränderten Öffnungszeiten einhergehen. Wir begrüßen die eingestellten Mittel für das Freibad.

Mit dem neuen Schuljahr 2021/2022 werden wir das Bildungszentrum Rahlenberg komplett in Betrieb nehmen können. Auch diese Investition wäre ohne Fördermittel nicht darstellbar gewesen. Hier gilt es zukünftig ein entsprechendes Augenmerk zu bewahren und die Unterhaltung bestmöglich zu realisieren.

Mit den eingeplanten Mitteln für eine erste Photovoltaikanlage auf einem Gebäude, eigenverbrauchsgetrieben wahrscheinlich auf dem Rathaus, ist nach unserer Meinung ein wichtiger Schritt zur klimaneutralen Gemeinde 2030 getroffen worden. Aber auch die bereits andiskutierten Maßnahmen auf anderen Gebäuden müssen nun schnellstmöglich betriebswirtschaftlich und energetisch bewertet werden, um hier gemeinsam mit dem einzustellenden Klimamanager Entscheidungen pro oder kontra abzuwägen und die Investitionen in zukünftigen Haushalten mit einzuplanen. Der Spielraum wird leider aufgrund der geschilderten Rahmenbedingungen immer enger.

Weitere Investitionen in Möglichkeiten für Online Service Angebote, oder auch die Übertragung von Ausschuss- und Ratssitzungen sind wünschenswert. Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass dies auch mit verhältnismässig geringen Mitteln ermöglicht werden kann. An diesem Thema bleiben wir dran und für entsprechende Diskussionen und Vorschläge sind wir jederzeit offen!

Die FDP-Fraktion dankt stellvertretend der Freiwilligen Feuerwehr Herscheid, dem DRK, dem DLRG, sowie allen Freiwilligen, die ehrenamtlich in Vereinen oder anderswo in der Gemeinde tätig sind und so für unsere Lebensqualität sorgen. Vieles nehmen wir als alltäglich und selbstverständlich hin, dies ist es aber gerade in der aktuellen Situation mehr denn je nicht! Unser ganz besonderer Dank gebührt auch in diesem Jahr denjenigen, die oft unbemerkt im Stillen agieren und doch große Beiträge für das Gemeinwohl leisten!

Die FDP-Fraktion Herscheid möchte sich auch für die konstruktive Zusammenarbeit in der Fraktionsgemeinschaft mit der UWG Herscheid in der letzten Legislaturperiode bedanken. Insbesondere danke ich an dieser Stelle nochmals persönlich den ausgeschiedenen Ratsmitgliedern Peter Beneke, Udo Milkereit und Friedrich-Wilhelm Taaks für das kollegiale Miteinander und die uneingeschränkt vertrauensvolle und gute gemeinsame Arbeit hier im Rat!

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmalenbach, meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion hat sich intensiv mit dem vorliegenden Haushalt beschäftigt. Wir stimmen dem vorliegenden Haushaltsplan 2021, dem Stellenplan 2021 und dem Haushaltssicherungskonzept 2021 mit allen Anlagen zu.

Ich wünsche uns allen, dass wir gesundheitlich unbeschadet aus der Pandemie herauskommen und uns weiterhin uneingeschränkt für das Wohl unserer Gemeinde einsetzen können und werden. Die auf uns zukommenden Herausforderungen werden in den nächsten Jahren nicht minder anspruchsvoll sein, wir werden uns Ihnen aber gemeinsam stellen und die in jeder Krise liegende Chance ergreifen. Ich danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und bleiben Sie alle bitte gesund!

 

Alexander Zuchowski, FDP-Fraktionsvorsitzender

-es gilt das gesprochene Wort-